Blau-Violett is auch ne schöne Farbe

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Im Stechschritt zum Tegernsee

Es waren ein Haflinger, zwei Araber, meine Sena und zwei Isländer vertreten. Eine kleine, gemischte Gruppe machte sich auf den Weg Richtung Kleinhartpenning. Wir ritten durch den Teufelsgraben und machten Rast bei einem Reitstall, wo wir im gemütlichen Biergarten zusammen tranken und etwas aßen. Dann ging es weiter. Wir kamen ein Stück an der Mangfall entlang und passierten idyllische Bauerndörfer bei Thalmühl. Die Pferde fanden sich schnell zusammen und jeder fand die für sich passende Position in der Gruppe. Auch Sena war sehr entspannt an diesem Tag, so dass ich sie ab der Mittagsrast mit Halfter reiten konnte. Gegen Abend erreichten wir den Gruberhof in der Nähe von Gmund und bezogen unser Quartier. Die Pferde durften auf der benachbarten Koppel grasen und sich von uns verwöhnen lassen.

Nach einem ausgiebigen Frühstück machten wir uns auf den Weg zur Gindelalm. Wir wollten am Abend wieder unser Quartier am Gruberhof beziehen. Es ging stetig bergauf und der Rest des Tages wurde im Schritt auf sehr harten Asphaltböden geritten. Die Wege in Oberbayern hier sind wunderbar für Wanderer oder Biker, aber zum Reiten sind sie für Pferde erst die zweite Wahl. Aber die herrliche Aussicht auf den wunderbaren Tegernsee ließ uns die Anstrengungen teilweise vergessen. Sena stiefelte jeden Berg, der ihr begegnete in ihrem legendären Wanderstechschritt hinauf. Der freundliche Bauer vom Gruberhof fuhr uns immer ein Stück vorraus und machte uns, wo nötig, Kuhweidezäune auf und wieder zu. Das hätten wir ohne Hilfe wahrscheinlich nicht geschafft und waren sehr dankbar dafür. Einmal lag uns ein umgestürzter Baum im Weg. Wir konnten unmöglich darüber hinwegreiten. Also beschlossen wir, außen herum zu gehen und die Pferde zu führen. Der erste Weg war übersät mit Wurzeln, Schlamm und heruntergefallenen Ästen. Wir bevorzugten dann doch den zweiten Weg, den die Rittführerin mit ihrem Pferd schon hinter sich gebracht hatte. Sie versicherte uns, dass es nicht gefährlich sei. Ich schaute zu ihr rüber und insgeheim wünschte ich mir in diesem Moment nichts sehnlicher, als dass ich auch schon auf der anderen Seite angekommen wäre. Ein Mountainbiker kreuzte unseren Weg und hob sein Bike einfach so über den Baumstamm hinweg. Nur für diesen einen Augenblick habe ich mir gewünscht, dass Sena ein Bike wäre.

Nun ja, das Problem für mich war nur, dass der zweite Weg (oder eher, die zweite Schlammstelle) nicht viel besser zu überwinden war als die erste. Aber schließlich schafften es alle mit ihren Pferden. Mit Schmutz durchzogenen Reithosen und Schuhen... aber sie schafften es. Ich war mit Sena als Letzte an der Reihe. Ich zögerte, durch den Schlamm zu laufen und Sena merkte das irgendwie. Ich stellte mir einfach vor, wie es bei den Dachshöhlen gewesen war. Noch einen Tag zuvor erzählte ich meinen anderen Mitreitern von meinem bisher einzigen und schlimmsten Reitunfall. Ich wollte einfach nicht, dass das noch mal passierte. Die Rittführerin ermutigte mich, los zu laufen... und ich forderte Sena kurz auf zu gehen und sie folgte mir. Wir schafften es beide, über den Schlamm und über die vielen im Weg liegenden Felsbrocken zu gelangen. Mit einem beherzten kleinen Sprung zum Schluss auf den Weg konnten Sena und ich zu den anderen aufschließen und den umgestürzten Baum und das Schlammloch hinter uns lassen. Ich musste mich sehr überwinden, diesen Schritt zu tun. Und ich bewunderte aus tiefstem Herzen mein Pferd, das einfach großartig war. Sie wusste, was dieses Schlammloch bedeutete und trotzdem ist sie mit mir da durchgelaufen. Mir blieben wieder einmal nur die Tränen der Bewunderung für dieses tolle Wesen mit Namen Senadora!!! Ich würde mich keinesfalls als Schönwetter-Reiter bezeichnen! Aber auch nicht für einen harten, kernigen Wanderreiter, dem NICHTS etwas ausmacht. Dazu verbinden mich einfach zu viele Emotionen mit meinem Pferd. Und eigentlich bin ich auch sehr froh darüber!!!

Von der Gindelalm aus, wieder ausgeruht und gestärkt, machten wir uns auf den Heimweg zum Gruberhof, wo uns leckere Pizza und für die Pferde ihr bekanntes Quartier wartete. Der Heimritt am dritten und letzten Tag brachte uns wieder herrliche Trab- und Töltstrecken. Das tat uns und den Pferden sehr gut, nachdem wir am Tag zuvor nur Schritt geritten waren. Sena war wieder in ihre altbekannte Hektik gefallen. Ich musste sie mit Trense reiten, denn sie war nicht entspannt genug, um sie nur mit Halfter zu reiten. Aber es machte mir keinesfalls was aus, denn ich musste immer daran denken, was dieses Pferd doch für ein Vertrauen zu mir hat. Sie merkte einfach, dass es heimwärts ging und ging halt sehr flott vorwärts. Und dass sie mir an der Mangfall beim Aufsteigen auf ihrer blinden Seite auf meinen kleinen Zeh stieg, nahm ich ihr auch nicht übel, obwohl es wirklich etwas Schöneres gibt beim Wanderreiten! Ich dache mir nur: Besser das, als noch mal durch den Morast reiten! Im Kloster Reutberg stärkten wir uns und ich kühlte meinen kaputten Zeh. Bald ritten wir am Hackensee vorbei und waren kurz darauf auch schon wieder in Dietramszell am Wanderreitstall.

Diese ca. 88 km in drei Tagen haben Sena und ich Alles in Allem sehr gut überstanden. Mein blau-violetter Zeh ist am Abheilen und Sena hat sich sichtlich gefreut, wieder in ihrem schönen Offenstall bei ihrem Santos zu sein. Ich nahm mir vor, Santos nicht mehr alleine zu lassen, denn er war außer sich vor Freude, dass seine Mama wieder da war. Klar hatte er ja noch andere Pferde bei sich, aber das ist nicht dasselbe für ihn. Ich dachte mir jedenfalls, dass ich das Reiten mit Sena alleine nicht unbedingt noch mal haben muss. Santos gehört auch dazu und ebenso mein Mann Andreas. Deshalb strebe ich an, den nächsten Wanderritt mit Mann und Santos zusammen zu unternehmen. Na, dann werden wir bald schon mal das Üben zu viert anfangen, würd ich sagen!

Eure Katja

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